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...was man über Burnout wissen sollte

Burnout

Burnout wird gelegentlich auch als Erschöpfungsdepression bezeichnet. Ist aber eine Erschöpfung eine Krankheit?
Dabei fühlt sich ein Drittel der Deutschen ausgelaugt. Woran man ein Burnout erkennt und mehr: Wir klären die wichtigsten Fragen.

Was ist ein Burn-out-Syndrom?

Darüber diskutieren auch die Experten immer wieder. Drei Leitsymptome, die zusammen auftreten müssen, kennzeichnen ein Burn-out-Syndrom.

Typisch ist emotionale Erschöpfung: Die betroffene Person fühlt sich psychisch und körperlich ausgelaugt. Mit dem Energiemangel tauchen ständige Müdigkeit, Niedergeschlagenheit und Anspannungszustände auf. Zweitens zählen Zynismus, Distanzierung und Depersonalisierung dazu. Depersonalisation bedeutet dabei, dass man sich innerlich derart verändert, dass man sich selbst nicht wiedererkennt. Oder man empfindet die Umwelt als völlig verändert. Im praktischen Alltag heißt das: Die Arbeit, die man einmal mit positiven Erwartungen begonnen hatte, wird zunehmend zur Quelle von Frust. Die Folge: Man distanziert sich innerlich immer mehr. Manche Menschen beginnen, Kollegen, Klienten oder Kunden immer stärker abzuwerten. Andere retten sich in Zynismus. Drittens nimmt die Arbeitsleistung ab. Betroffene haben das Gefühl (und oft es dies auch Fakt), dass sie nicht mehr so gute Arbeit leisten wie früher. Sie können ihre Kompetenz und Kreativität nicht mehr im Job einbringen. Zum Beispiel weil sie Konzentrationsprobleme oder die ständige Unzufriedenheit mit dem Beruf daran hindern.

Und ist Burn-out jetzt eine Krankheit oder nicht?


Derzeit ist es in Deutschland keine anerkannte Krankheit. Wegen seiner gesellschaftlichen Relevanz hat die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) im Jahr 2012 ein Positionspapier zum Thema erarbeitet. Darin stuft sie Burn-out als "Risikozustand in Folge einer langfristigen Arbeitsüberforderung" ein. Burn-out ist demnach ein geschwächter Zustand, in den belastete Arbeitnehmer durch zu viel Stress im Job kommen können und der langfristig zu "echten" Krankheiten, wie einer Depression oder Herz-Kreislaufproblemen, führen kann. Ein Burn-out selbst ist aber eben noch keine Krankheit.

Die Frage der Anerkennung als Krankheit ist für Betroffene sehr relevant. Denn wer nicht offiziell krank ist, bekommt keine Unterstützung vom Gesundheitssystem bezahlt (Therapie und anderes.) Wenn man Burn-out als Risikozustand definiert, geht es vor allem um Prävention im Sinne des Arbeitsschutzes. Unternehmen sind verpflichtet, diesen Risikozustand zu verhindern, so wie sie im Rahmen des Arbeitsschutzes auch verpflichtet sind, zu verhindern, dass ein Bauarbeiter vom Gerüst fällt oder ein Büromitarbeiter durch Lärm übermäßig belastet wird. Die Firmen in Deutschland stehen in der Prävention von Stressüberlastung allerdings noch ganz am Anfang.

Nur etwa 20 Prozent der Firmen machen beispielsweise eine gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsanalyse, die auch die psychischen Belastungen erfasst. Der erweiterte Paragraf 5 im Arbeitsschutzgesetz  hat es in sich: Jedes Unternehmen  muss nun bei der Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung, auch die psychische Belastung bei der Arbeit ermitteln. Das gilt ab einer 450-Euro-Kraft und ab Sept. 2013.

Andererseits gibt es zwischenzeitlich sehr viele Spezialkliniken in Deutschland, die sich als "BURNOUT-Kliniken" anbieten.

Die Bundesregierung hat deshalb das Arbeitsschutzgesetz ein wenig erneuert und Paragraf 4, Absatz 1 um den Zusatz erweitert, dass die Arbeit so zu gestalten ist, "dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird". Kann ein Arzt trotzdem ein Burn-out diagnostizieren?

Die Möglichkeit, eine Erschöpfung im Sinne einer arbeitsbedingten Überlastung als eigenständige Diagnose festzuhalten, gibt es für Ärzte seit dem Jahr 2004. Seitdem ist Burn-out im sogenannten ICD-10, das ist die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten, mit deren Hilfe Ärzte ihre Diagnose für die Krankenkasse notieren, als Zusatzdiagnose Z 73 ("Z" für Zusatzdiagnose) verzeichnet.
Der Kürzel Z 73 steht für "Probleme bei der Lebensbewältigung", zu denen neben unspezifischen körperlichen und psychischen Belastungen, Mangel an Entspannung oder Freizeit auch Erschöpfungszustände und Burn-out gehören. Allerdings stellt der Arzt eine Zusatzdiagnose in der Regel nicht allein. Sie ergänzt eine andere psychische oder körperliche Hauptdiagnose. Der Arzt kann also mithilfe der Zusatzdiagnose der Krankenkasse mitteilen, dass der Patient eine Depression oder auch einen Bandscheibenvorfall hat und dass er diese Erkrankungen in Zusammenhang mit einer zu großen Belastung im Beruf sieht.
In 85 Prozent der Fälle diagnostizieren Ärzte dementsprechend derzeit ein Burn-out zusammen mit anderen Erkrankungen der Psyche oder des Körpers, zum Beispiel in Kombination mit Bluthochdruck, Depressionen, Ängsten, Rückenschmerzen oder Tinnitus. In der Hälfte der Fälle ist die begleitende Erkrankung psychiatrisch, meist eine Depression.

Ist das in anderen Ländern genauso?

In vielen Ländern (beispielsweise Frankreich oder Schweden) spricht man weniger von Burn-out, sondern eher von stress related mental disorders, also von Stress bedingten psychischen Erkrankungen. Und diese sind ganz normal als Krankheiten anerkannt.

Ist Burn-out eine neue Krankheit?

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts kennt man die "Neurasthenie" oder Nervenschwäche. Es war damals eine ziemlich populäre Erkrankung in der bürgerlichen Schicht. Die Symptome waren ähnlich wie beim Burn-out: totale Erschöpfung, Abneigung gegen den Alltag gehörten zu den Begleiterscheinungen. Es waren so viele Menschen betroffen, dass es Werbung für Rasiercreme für den "nervösen Mann" gab und man überlegte, den Berliner Kutschern das Peitschenknallen zu verbieten, um die Nerven der armen Bürger zu schonen. Heute denken Medizinhistoriker, dass der rasante Fortschritt (Auto, Telefon etc.), der von den Bürgern ziemlich begeistert aufgenommen wurde, so manchen massiv überforderte. In gewisser Weise gibt es also Parallelen zum heutigen Burn-out, das sich mit den technischen Möglichkeiten der ständigen Erreichbarkeit durch das Netz verbreitet.

Ist Burn-out eine Modekrankheit?

Ja und nein. Ähnliche Erschöpfungszustände kennen Menschen schon immer. In der Bibel ist bereits die "Elias-Müdigkeit" erwähnt und die Bürger im letzten Jahrhundert litten, wie oben erwähnt, an "Neurasthenie".
Das Fachgebiet der epidemiologischen Psychiatrie untersucht, wie viele Menschen tatsächlich psychische Probleme haben. Diese Experten beziehen sich nicht auf die Daten der Krankenkassen, sondern besuchen eine repräsentative Auswahl von Personen zu Hause und befragen und untersuchen sie. Ihre Daten sind also weitaus wahrer als das Bild, das Krankenkassen zeichnen – schließlich geht nicht jeder zum Arzt, der psychische Probleme hat. Dabei kommt heraus, dass psychische Probleme ganz generell viel häufiger auftreten, als wir denken: Im Zeitraum von zwölf Monaten erkrankt etwa ein Drittel der Bevölkerung an einer bedeutsamen psychischen Störung. Mehr als 40 Prozent der Bundesbürger haben einmal in ihrem Leben eine behandlungsbedürftige psychische Krankheit.
Es ist also durchaus möglich, dass viele Menschen ihre psychischen Probleme leichter benennen, seit es eine gewisse öffentliche Akzeptanz gibt. Viele psychische Schwierigkeiten wie Ängste, Depressionen usw. werden durch Stress verstärkt oder sogar ausgelöst. Und die Arbeit ist für viele Menschen ein großer Stressfaktor. Hier schließt sich der Kreis zur Prominenz des Burn-out-Syndroms. Es ist heute akzeptierter, bei Bekannten oder auch beim Arzt zu sagen: "Ich fühle mich ausgebrannt." Zu sagen: "Ich glaube, ich bin psychisch krank", ist dagegen noch immer ein Tabu.
Burn-out scheint insofern eine Art Türöffner zu sein, um über psychisches Unwohlsein zu sprechen. Und das ist ein Fortschritt und keine Mode. Häufig bleiben dauerhafte Schäden zurück

Wie viele Menschen haben überhaupt ein Burn-out?

Das Robert-Koch-Institut hat dies erst kürzlich erstmals detailliert herausgearbeitet. Laut der DEGS-Studie (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland) diagnostizieren Ärzte bei 4,2 Prozent (Frauen: 5,2 Prozent und Männer: 3,3 Prozent) der Deutschen ein schweres Burn-out-Syndrom. Bei reicheren Patienten betonen die Behandler überdurchschnittlich häufig den Einfluss der Arbeit am psychischen Problem.
Studien zeigen immer wieder: Menschen, bei denen ein Burn-out diagnostiziert wurde, haben häufig auch Depressionen. Aber nicht immer. Manche Ärzte beobachten, dass sich die Erschöpfung durch zu viel Stress dadurch auszeichnet, dass es eine fließende Entwicklung von gesund zu krank gibt. Burn-out wäre demnach eher ein Prozess. Zu Beginn ist man etwas erschöpft, bekommt durch den Stress vielleicht Schlafprobleme und Schmerzen. Wenn der Dauerstress anhält, kommen Gereiztheit und der Rückzug aus dem Sozialleben hinzu. Die Arbeit wird immer wichtiger, aber man entscheidet immer weniger bewusst, sondern arbeitet alle Anforderungen nur noch ab. Es entwickelt sich ein Tunnelblick. Wenn man es jetzt immer noch nicht schafft, den Stresspegel zu drosseln, kann sich in Folge des Dauerstresses eine Depression entwickeln. Oder ein Bandscheibenvorfall. Oder Bluthochdruck. Burn-out kann also in eine Depression führen – muss aber nicht.

Einmal Burn-out, immer Burn-out?

Nein. Mit Unterstützung einer guten Behandlung können viele Menschen wieder gesund werden. Dauerhafte Schäden können allerdings trotzdem zurück bleiben, zum Beispiel ein Tinnitus (Ohrsummen).
In Deutschland gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Kliniken, die auf psychiatrische und psychosomatische Probleme spezialisiert sind und auch Burn-out behandeln. Auch Ärzte sind aufmerksamer geworden. Allerdings ist die Genesung häufig eine sehr langwierige Sache. Betroffene sind im Schnitt 37 Tage lang krank geschrieben (länger als bei Krebserkrankungen) und viele berichten davon, dass ihre Genesung letztlich genauso lange dauerte wie die Phase der Überlastung vor dem Zusammenbruch. Und es gibt auch eine ganze Reihe von Betroffenen, die in der Stress-Spirale hängen bleiben. Sie werden immer weniger belastbar bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Psychische Probleme sind derzeit der Grund Nummer eins für Frühberentungen. Und wie schützt man sich, damit man nicht selbst ausbrennt?
Ein erster Schritt ist, überhaupt zu erkennen, dass ständiger Stress im Job krank machen kann. Das kann sogar passieren, wenn man den Stress eigentlich positiv findet – zum Beispiel weil man immer spannende Projekte zu bearbeiten hat. Wer jedoch über längere Zeit ohne Ruhepausen vom "Leistungs-Ich" lebt, kommt fast automatisch in eine Art Daueranspannung. Und das ist schlicht ungesund. Gesund ist dagegen der Wechsel von An- und Entspannung.
Erste Hilfe im Stress ist deshalb: Pausen machen. Und zwar genau dann, wenn man das Gefühl hat: "Heute ist wirklich gar keine Zeit für Mittagspause!" In den Pausen sollte man nicht über Job-Probleme reden oder grübeln. Das ist nicht leicht, erfordert Disziplin und Übung. Auch ist es sinnvoll, nicht von einer spannenden Sache sofort in die nächste zu springen. Das kann heißen, dass man das Wochenende betont ruhig gestaltet. Das kann auch heißen, dass man nach dem fordernden Planungsmeeting erst einmal eine Viertelstunde um den Block geht, bevor man sich in die Budget-Verhandlung mit dem Kunden wirft. Führungskräfte sollten bewusst Ruhephasen für ihr Team planen und parallel zum Großprojekt nicht gleich das nächste beginnen.
Wichtig ist auch, im Job die Belastung so gut es geht zu steuern. Wenn Sie zu den Personen gehören, deren Schreibtisch und Terminkalender immer zu voll sind, fragen Sie sich bei jeder nächsten Aufgabe: Ist das wirklich meine?

Kann ich einen Teil davon delegieren? Mir mehr Zeit dafür erbeten? Wann ist diese Aufgabe gut gelöst – und wo fängt mein Perfektionismus an, mir Extraarbeit zu verursachen?
Privatleben ist auch ein guter Schutzfaktor.

Wann haben Sie das letzte Mal Freunde getroffen? Etwas gemacht, was Sie gerne tun (ohne Leistungsdruck). Mal nicht auf Effizienz, sondern einfach auf Lebensfreude gespielt? Wer bereits Anzeichen von Erschöpfung bei sich feststellt und einen Hausarzt hat, dem er vertraut, kann dies dort ansprechen.


Bücher von Carola Kleinschmidt:

Ihr Buch "Bevor der Job krank macht" (Kösel, gemeinsam mit Hans-Peter Unger) gehört laut dem Magazin Stern zu den "besten Bücher zum Thema Burnout". Der Titel des zweiten Buches zum Thema Burnout spricht für sich: "Das hält keiner bis zur Rente durch!" Ihr neuestes Buch ist "Burnout - und dann?" zeigt anhand von vielen Geschichten aus dem echten Leben wie das Leben nach der Krise weiter geht. (Kösel, 2016). 

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